Marienverehrung im Alltag

Der Auferstehung Raum geben


Wir Christen feiern das Ostern als zentrales Fest unseres Glaubens. Bei dem Osterereignis betrachtet die christliche Tradition auch die Mutter Jesu. Im Neuen Testament sind zwei Momente festgehalten, in denen die Anwesenheit der Mutter Jesu im Osterereignis ausdrücklich genannt wird: Während der Evangelist Johannes sie unter dem Kreuz ihres Sohnes betrachtet (vgl. Joh 19,26-27), konzentriert sich die aus der lukanischen Tradition entstandene Apostelgeschichte auf die urchristliche Gemeinde, die nach der Himmelfahrt Jesu zusammen mit Maria auf den verheißenen Heiligen Geist wartet (vgl. Apg 1,14). Diese beiden Momente sind Teil des Osterereignisses, wobei sie gleichzeitig jenes Geheimnis umarmen, das man Auferstehung nennt. Es ist merkwürdig, dass Maria, die Mutter Jesu, in den Berichten über die Auferstehung Jesu unerwähnt bleibt. Vielmehr werden andere Frauen genannt, die als unmittelbare Zeuginnen der Auferstehung auftreten, wie z.B. Maria Magdalena oder Maria, die Mutter des Jakobus oder Johanna (vgl. Lk 24,10). Ein Grund, warum die Schriften keinen Menschen aus dem engsten Familienkreis Jesu als Zeugen seiner Auferstehung erwähnen, könnte die Glaubwürdigkeit sein, welche seitens der Öffentlichkeit gerne in Frage gestellt wird, wenn jemand über seinen Angehörigen Großartiges berichten würde.

Für uns, die wir von Maria etwas lernen und sie in unserem Alltag als Glaubensbeispiel nachahmen möchten, sollte genügen zu wissen, dass sie die Auferstehung ihres Sohnes nicht mit Worten, sondern mit ihrer Lebenshaltung verkündete. Dies können wir eben aus der obenerwähnten Apostelgeschichte ablesen. Dort lässt sich nämlich klar erkennen, dass Maria aktiv am Leben der urchristlichen Gemeinde teilgenommen hat. Sie reihte sich in die Schar der Jünger und Jüngerinnen Christi ein, und zwar nicht bloß nach dem Osterereignis Christi, sondern schon zu Beginn seines öffentlichen Wirkens. Dies bezeugt uns wiederum das Evangelium nach Johannes, wo es heißt: "und seine Jünger glaubten an ihn. Danach zog er mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern nach Kafarnaum hinab" (Joh 2,11-12). Maria als eine seiner Jünger folgte Jesus bis nach Golgota. Und nach seiner Auferstehung praktizierte sie zusammen mit seinem Jüngerkreis jene Lebenseinstellung, die sie von ihm gelernt hatte. Es ist daher nicht auszuschließen, dass Maria bereits an demselben Ostersonntag mit den Jüngern im Abendmahlsaal anwesend war, als der Auferstandene ihnen erschienen ist (vgl. Joh 19,19-20; Lk 24,33-36). Darüber hinaus soll noch darauf hingewiesen werden, dass Maria in den Evangelien seliggepriesen wird, weil sie dem Wort des Herrn glaubt (vgl. Lk 1,45). Sie wird daher auch in Bezug auf das Osterereignis Christi als Glaubende respektiert, welche es nicht nötig hat zu sehen, um zu glauben (vgl. Joh 20,29). Dies könnte uns zur Erklärung dienen, warum die Evangelien über keine Begegnung des Auferstandenen mit seiner Mutter berichten. Wenn wir nun das Geheimnis der Auferstehung mit den Augen der Mutter Jesu betrachten, dann wird für uns erkennbar, dass die Auferstehung Jesu unseren Lebensraum betrifft. Sie betrifft sowohl die zeitliche als auch die räumliche Dimension unseres Lebens.

Einige Fragen können dies verdeutlichen: Welchen Einfluss hat die Auferstehung Jesu auf mein Leben schon jetzt und hier? Teile ich mit dem Auferstandenen meine Lebensräume (Familie, Arbeitsplatz, Freizeitbeschäftigung)? Findet der Auferstandene einen Wohnraum in meinem Herzen? Ein Marienverehrer ist bestrebt, ähnlich wie Maria, die Worte und Ereignisse aus dem Leben Jesu in seinem Herzen zu bewahren, um daraus für den eigenen Lebensweg einen Sinn zu schöpfen (vgl. Lk 2, 19.51). Das Ereignis der Auferstehung bedarf besonders dieser Aufmerksamkeit und Vertiefung im Innersten des Herzens, damit der Mensch von diesem Quell des Lebens angeregt und befähig wird Zeichen neuen Lebens auch im eigenen Alltag zu sehen und zu setzen. Maria sah die Zeichen der Auferstehung Christi unter anderem in der christlichen Gemeinde, die sich nach dem Osterereignis zu formen begann. Indem sie Teil dieser Gemeinde wurde, wurde sie selbst zum lebendigen Zeichen der Auferstehung Christi. Ebenso kann auch unser Alltag durch unsere österlich geprägten Lebensakzente zum lebendigen und sichtbaren Zeichen des Auferstandenen werden. Wollen wir solche Akzente in unserem Leben setzen?

fr. Fero M. Bachorík OSM